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Kirchengesetz zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Evangelischen Kirche
Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (Gleichstellungsgesetz – GlG)

Vom 15. November 2003 (KABl.-EKiBB S. 200); erstreckt auf das Gebiet der ehemaligen EKsOL und geändert durch 2. RVereinhG vom 24. April 2004

(KABl. S. 89)

Die Landessynode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg hat das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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§ 1
Ziel des Kirchengesetzes

Die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern, die in der Kirche ehrenamtlich oder beruflich Dienste wahrnehmen, soll gefördert werden. Unterschiedliche Lebenssituationen von Frauen und Männern sollen berücksichtigt, Diskriminierungen verhindert und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer und Frauen verbessert werden. Damit soll Geschlechtergerechtigkeit gestärkt und die Qualität kirchlicher Arbeit verbessert werden.
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§ 2
Anwendungsbereich und Verpflichtete

( 1 ) Dieses Kirchengesetz findet Anwendung auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen zur ehrenamtlichen oder beruflichen Wahrnehmung Dienste in der Kirche übertragen worden sind.
( 2 ) Kirchliche Werke nach Artikel 100 der Grundordnung sollen dieses Kirchengesetz nach Maßgabe der Beschlüsse ihrer Leitungsgremien anwenden.
( 3 ) Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere solche mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben, sind verpflichtet, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern. Diese Verpflichtung ist als durchgängiges Leitprinzip in allen Arbeitsbereichen und Gremien zu berücksichtigen.
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§ 3
Sprache

Kirchengesetze und andere Rechtsvorschriften sollen sprachlich der Gleichstellung von Frauen und Männern Rechnung tragen. Im Schriftverkehr ist dieser Grundsatz umzusetzen. Es sind entweder geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen zu verwenden oder die weibliche und die männliche Sprachform aufzuführen.
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§ 4
Berufsgruppen

Es ist darauf zu achten, dass Frauen und Männer in allen Berufsgruppen in einem angemessenen zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sind.
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§ 5
Ausschreibung

( 1 ) Stellen, insbesondere in Leitungsfunktionen, sollen sowohl für Frauen als auch für Männer ausgeschrieben werden, es sei denn, ein bestimmtes Geschlecht ist Voraussetzung für die ausgeschriebene Tätigkeit.
( 2 ) Für Bereiche, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, sollen Stellenausschreibungen so abgefasst werden, dass besonders Frauen zu einer Bewerbung aufgefordert werden. In diesen Fällen soll in der Ausschreibung darauf hingewiesen werden, dass die Dienststelle bemüht ist, den Frauenanteil in diesem Bereich zu erhöhen.
( 3 ) Absatz 2 gilt entsprechend für Bereiche, in denen Männer unterrepräsentiert sind.
( 4 ) Bei der Stellenausschreibung, auch von Stellen mit Vorgesetzten- und Leitungsfunktionen, soll auf die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung hingewiesen werden, sofern nicht erhebliche dienstliche Belange entgegenstehen.
( 5 ) Auf Wahlen, Berufungen und Einstellungsvorgänge, die durch Kirchengesetz oder Rechtsverordnung besonders geregelt sind, finden diese Vorschriften keine Anwendung. Für Gremien oder Organe, die Entscheidungen nach Satz 1 zu treffen haben, sind die in § 1 genannten Ziele verbindlich.
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§ 6
Auswahlverfahren

( 1 ) Sind in einem Arbeitsbereich Frauen oder Männer unterrepräsentiert, sollen, soweit Bewerbungen vorliegen, in jedem Fall auch Bewerberinnen oder Bewerber des unterrepräsentierten Geschlechts, die über die geforderte Qualifikation verfügen, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Bei den Entscheidungen über die Einladung zum Vorstellungsgespräch und bei dem Vorstellungsgespräch selbst sollen beide Geschlechter vertreten sein.
( 2 ) Bei der Beurteilung der Qualifikation (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) sollen auch familiäre und soziale Erfahrungen aus der Zeit einer Beurlaubung wegen Familienpflichten sowie durch ehrenamtliche Tätigkeit erworbene Fähigkeiten und Erfahrungen berücksichtigt werden, sofern diese Qualifikationen für die zu übertragende Tätigkeit von Bedeutung sind.
( 3 ) Folgende Gründe sind bei der vergleichenden Bewertung nicht zum Nachteil einer Bewerberin oder eines Bewerbers zu berücksichtigen:
  1. Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit, geringere aktive Dienst- oder Beschäftigungsjahre, Reduzierungen der Arbeitszeit oder Verzögerungen beim Abschluss einzelner Ausbildungsgänge, jeweils aufgrund der Wahrnehmung von Familienpflichten,
  2. die Einkommenssituation des Ehepartners oder der Ehepartnerin,
  3. zeitliche Belastungen durch die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen und die Absicht, von der Möglichkeit der Arbeitsreduzierung Gebrauch zu machen.
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§ 7
Einstellung und beruflicher Aufstieg

In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, sollen Frauen bei gleichwertiger Qualifikation bei Einstellung, Beförderung oder Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit bevorzugt berücksichtigt werden, bis sie in den Bereichen in gleicher Anzahl vertreten sind wie Männer. Ausnahmen sind zulässig, wenn in der Person eines Mitbewerbers wichtige Gründe vorliegen, die zur Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit eine Ausnahme erfordern. Entsprechendes gilt für Bereiche, in denen Männer unterrepräsentiert sind.
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§ 8
Personalentwicklung und Fortbildung

( 1 ) Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben haben die Aufgabe, die für die Verwirklichung dieses Kirchengesetzes erforderlichen Kompetenzen von ehrenamtlich oder beruflich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu fördern.
( 2 ) Kirchenleitung und Konsistorium sind dafür verantwortlich, dass Fortbildungen für die Wahrnehmung von Vorgesetzten- und Leitungsfunktionen auch die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern zur Umsetzung der in § 1 genannten Ziele behandeln.
( 3 ) Die kirchlichen Fortbildungsträger sorgen dafür, dass es gezielte Fortbildungsmaßnahmen gibt, die die Bereitschaft und das Interesse von Frauen zur Übernahme von verantwortlichen Aufgaben sowie Leitungsaufgaben fördern und die Bereitschaft und Fähigkeit von Männern zur Übernahme von Aufgaben im Bereich Familie, Pflege und Pädagogik stärken.
( 4 ) Teilzeitbeschäftigten sollen die gleichen Möglichkeiten zur beruflichen Fortbildung eingeräumt werden wie Vollzeitbeschäftigten. Auch Beschäftigten mit Familienpflichten ist die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zu ermöglichen.
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§ 9
Ehrenamt

Bei der Übertragung, Wahrnehmung und Begleitung von ehrenamtlichen Diensten sind die Ziele des § 1 zu berücksichtigen.
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§ 10
Familiengerechte Arbeitszeit

( 1 ) Die Dienststelle hat Arbeitszeiten und sonstige Rahmenbedingungen anzubieten, die die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit für Frauen und Männer erleichtern, soweit erhebliche dienstliche Belange nicht entgegenstehen.
( 2 ) Im Rahmen der gesetzlichen, tarifvertraglichen oder sonstigen Regelungen der Arbeitszeit und der dienstlichen Möglichkeiten soll im Einzelfall Beschäftigten mit Familienpflichten bei Bedarf eine veränderte tägliche und wöchentliche Arbeitszeit eingeräumt werden, soweit nicht dienstliche Belange entgegenstehen.
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§ 11
Beurlaubte Beschäftigte

Die Dienststelle unterstützt durch geeignete Maßnahmen insbesondere die wegen Familienpflichten beurlaubten Beschäftigten dabei, die Verbindung zum Beruf zu halten, um den beruflichen Wiedereinstieg zu erleichtern. Dazu gehören die Unterrichtung über das Fortbildungsprogramm sowie das Angebot zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen während oder nach der Beurlaubung. Den Beurlaubten sollen zudem Vertretungs- oder Aushilfstätigkeiten angeboten werden, damit sie die Verbindung zum Beruf aufrechterhalten können. Sinn und Zweck der Beurlaubung dürfen dabei jedoch nicht gefährdet werden.
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§ 12
Benachteiligungsverbot bei Teilzeitbeschäftigung
und Beurlaubung wegen Familienpflichten

( 1 ) Teilzeitbeschäftigung darf das berufliche Fortkommen nicht beeinträchtigen; eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten ist nur zulässig, soweit sachliche Gründe dies rechtfertigen. Teilzeitbeschäftigung darf sich nicht nachteilig auf die dienstliche Beurteilung auswirken.
( 2 ) Absatz 1 gilt entsprechend für die Beurlaubung von Beschäftigten mit Familienpflichten; eine regelmäßige Gleichbehandlung von Zeiten der Beurlaubung und der Teilzeitbeschäftigung ist damit nicht verbunden.
( 3 ) Wegen Familienpflichten Beurlaubte sind in die Personalplanung der Dienststelle einzubeziehen. Eine Verzögerung im beruflichen Werdegang, die sich aus der Beurlaubung ergibt, ist bei einer Beförderung oder der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit angemessen zu berücksichtigen.
( 4 ) Dem Wunsch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wegen Familienpflichten teilzeitbeschäftigt sind, nach Aufstockung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit ist im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten und der dienstlichen Belange bevorzugt zu entsprechen.
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§ 13
Gleichstellungsplan

( 1 ) In Dienststellen, in denen mehr als 20 berufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind, ist ein Gleichstellungsplan zu erstellen. Dienststellen und Dienststellenleitungen im Sinne dieses Kirchengesetzes sind die in § 3 und § 4 Mitarbeitervertretungsgesetz in Verbindung mit § 2 MVG-Anwendungsgesetz Genannten.
( 2 ) Der Gleichstellungsplan ist Teil der Personalplanung und der Personalentwicklung. Die Umsetzung ist besondere Verpflichtung der Dienststellenleitung und der Personalverwaltung.
( 3 ) Der Gleichstellungsplan enthält eine Bestandsaufnahme der Beschäftigtenstruktur, weist die bisherigen Fördermaßnahmen in den einzelnen Bereichen aus und beschreibt Maßnahmen zur Umsetzung der Gleichstellung und der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familienarbeit unter Einschluss zeitlicher Zielvorgaben.
( 4 ) Der Gleichstellungsplan wird in der Dienststelle für vier Jahre erstellt. Er ist nach zwei Jahren der aktuellen Entwicklung anzupassen. Der Gleichstellungsplan sowie die Aktualisierungen sind in der Dienststelle zu veröffentlichen und dem Gleichstellungsteam zur Kenntnis zu geben.
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§ 14
Gleichstellungsbeauftragte, Gleichstellungsteam

( 1 ) Die Kirchenleitung beruft in der Regel eine haupt- oder nebenamtliche Gleichstellungsbeauftragte oder einen Gleichstellungsbeauftragten, oder sie bestimmt aus ihrer Mitte für die Dauer ihrer Amtszeit eine Sachwalterin oder einen Sachwalter für Gleichstellungsfragen. Im Fall der Bestimmung einer Sachwalterin oder eines Sachwalters achtet diese oder dieser auf die Verwirklichung der in § 1 genannten Ziele bei den Entscheidungen der Kirchenleitung.
( 2 ) Die Kirchenleitung beruft für die Dauer ihrer Amtszeit ein Gleichstellungsteam, das die Gleichstellungsbeauftragte oder den Gleichstellungsbeauftragten berät und unterstützt. Die Mitglieder bleiben bis zur Berufung ihrer Nachfolgerinnen und Nachfolger im Amt. Die oder der Gleichstellungsbeauftragte oder die Sachwalterin oder der Sachwalter gehört dem Gleichstellungsteam an. Das Gleichstellungsteam kann den kirchlichen Dienststellen Empfehlungen zur Verwirklichung der in § 1 genannten Ziele geben. Die kirchlichen Dienststellen haben Empfehlungen sowie Beanstandungen nachzugehen.
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§ 15
Information der Landessynode über den Stand der Gleichstellung

Die Kirchenleitung berichtet der Landessynode alle zwei Jahre über den Stand der Umsetzung der in § 1 genannten Ziele bei den landeskirchlichen Beschäftigten unter Angabe statistischer Daten. Die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 bestellte Person kann der Landessynode jederzeit über ihre Tätigkeit berichten.
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§ 16
Gleichstellung in Kirchenkreisen

Der Kreiskirchenrat berichtet der Kreissynode alle zwei Jahre über die Umsetzung der in § 1 genannten Ziele.
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§ 17
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Januar 2004 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig tritt das Kirchengesetz zur Förderung der Chancengleichheit und der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Kirche (Frauenförderungs- und Gleichstellungsgesetz – FfGG) vom 5. Mai 1996 (KABl.-EKiBB S. 110), geändert durch Verordnung mit Gesetzeskraft vom 1. März 2002 (KABl.-EKiBB S. 65), außer Kraft.