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Schlichtungsvereinbarung

Vom 9. Juli 2008

(KABl. S. 159)

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO),
vertreten durch die Kirchenleitung,
einerseits
und
die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft,
Landesverbände Berlin und Brandenburg,
die Gewerkschaft Kirche und Diakonie,
Landesverband Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz,
die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft,
Landesbezirk Berlin-Brandenburg,
andererseits
- im Folgenden Tarifvertragsparteien genannt -
schließen
in dem Bewusstsein der Besonderheit des kirchlichen Dienstes, der durch den Auftrag der Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat bestimmt ist,
in Anerkennung dessen, dass die Kirche in der Erfüllung ihres Auftrages zum Arbeitskampf, insbesondere zu Streik und Aussperrung, weder fähig noch bereit ist, ungeachtet der Feststellung der Gewerkschaften, dass sie sich zum Einsatz gewerkschaftlicher Mittel zur Durchsetzung ihrer Forderungen bekennen,
und in dem Bestreben, in tarifrechtlichen Regelungen Einheitlichkeit mit den übrigen Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland zu erreichen,
zur Regelung aller tarifrechtlichen Streitigkeiten zwischen ihnen die folgende Schlichtungsvereinbarung:
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Protokollnotiz zur Präambel:
Es besteht Einvernehmen darüber, dass insbesondere ein Appell an die Öffentlichkeit kein Arbeitskampf im Sinne dieser Bestimmung ist.
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§ 1
Bereitschaft zur Schlichtung

( 1 ) Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass bei allen Kollektivstreitigkeiten eine Verständigung das erstrebenswerte Ziel ist.
( 2 ) Die Tarifvertragsparteien vereinbaren daher ein Schlichtungsverfahren, das zur Anwendung kommt, wenn die zunächst zwischen ihnen durchgeführten Tarifverhandlungen zu keiner Verständigung geführt haben oder aber eine der Tarifvertragsparteien die Aufnahme von Verhandlungen überhaupt ablehnt.
( 3 ) Zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens wird eine Schlichtungsstelle errichtet.
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§ 2
Zusammensetzung der Schlichtungsstelle

( 1 ) Die Schlichtungsstelle setzt sich aus einem oder einer unparteiischen Vorsitzenden und in der ersten Schlichtungsrunde aus insgesamt drei von den Gewerkschaften sowie drei von der EKBO, in der Schlichtungsrunde gemäß § 8 dieser Vereinbarung aus insgesamt sechs von den Gewerkschaften und sechs von der EKBO zu benennenden Beisitzern oder Beisitzerinnen zusammen. Soweit sich die Gewerkschaften nicht auf eine andere Verteilung der Beisitzerplätze einigen, benennen die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die Gewerkschaft Kirche und Diakonie und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft je einen Beisitzer oder eine Beisitzerin, in der Schlichtungsrunde gemäß § 7 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 und § 8 je zwei Beisitzer oder Beisitzerinnen.
Wird bis zum Ablauf der Frist des § 3 Abs. 1 oder im Falle des § 7 Abs. 2 Sätze 3 und 5 innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der Aussetzungsfrist gemäß § 7 Abs. 1 von einer Gewerkschaft der von ihr zu stellende Beisitzer oder die von ihr zu stellende Beisitzerin nicht gegenüber den anderen beteiligten Tarifvertragsparteien benannt, können die anderen Gewerkschaften den Beisitzerplatz besetzen, wobei sie sich über die zu benennende Person verständigen. Wenn ein Beisitzer oder eine Beisitzerin weder von der benennungsberechtigten Tarifvertragspartei noch im Falle des vorstehenden Satzes von den anderen Gewerkschaften rechtzeitig benannt wird, kann das Schlichtungsverfahren und insbesondere eine anberaumte Schlichtungsverhandlung auch ohne vollständige Besetzung der Schlichtungsstelle durchgeführt werden. Der fehlende Beisitzer oder die fehlende Beisitzerin kann jedoch bis zu Beginn der ersten Schlichtungsverhandlung nachgemeldet werden; dies setzt voraus, dass die für den Beisitzerplatz nachgemeldete Person bei Beginn der Schlichtungsverhandlung an Ort und Stelle zur Verfügung steht.
( 2 ) Der oder die Vorsitzende muss, die Beisitzer/-innen sollen zu kirchlichen Ämtern wählbar sein.
( 3 ) Der oder die Vorsitzende darf weder haupt- noch nebenamtlich im kirchlichen oder gewerkschaftlichen Dienst stehen noch einem Leitungsorgan der EKBO oder einer ihrer Körperschaften, Werke oder Einrichtungen angehören. Die Tarifvertragsparteien einigen sich über die Person des oder der Vorsitzenden. Kommt eine Einigung nicht zustande, wird der oder die Vorsitzende auf Antrag einer Tarifvertragspartei durch gemeinsame Entscheidung des oder der Vorsitzenden des Verwaltungsgerichts der EKBO und des Präsidenten/der Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg bestimmt.
( 4 ) Der oder die Vorsitzende und die Beisitzer/-innen werden von Fall zu Fall bestimmt. Für jeden/jede Beisitzer/-in ist ein/-e Stellvertreter/-in zu benennen.
Protokollnotizen:
  1. Zu Absatz 1 Unterabs. 1 Sätze 2 und 3:
    Die Möglichkeit, sich als Partei an dem Schlichtungsverfahren zu beteiligen und die daraus sich ergebenden verfahrensmäßigen Rechte auszuüben, wird durch die Besetzung des Beisitzerplatzes durch die andere Gewerkschaft nicht berührt.
  2. Zu Absatz 2:
    Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass im Regelfall als Beisitzer/-innen Personen benannt werden, die in der evangelischen Kirche zu kirchlichen Ämtern wählbar sind. Eine Ausnahme hiervon ist zu begründen, ohne dass dies die Alleinverantwortung jeder Partei für die von ihr zu benennenden Mitglieder der Schlichtungsstelle berührt.
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§ 3
Eintritt in die Schlichtung (Schlichtungsbeginn)

( 1 ) Sind die Verhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien gescheitert oder verweigert eine Tarifvertragspartei die Aufnahme von Verhandlungen, so richtet bzw. richten die betreibende Tarifvertragspartei oder die betreibenden Tarifvertragsparteien unter Angabe des Streitfalles, unter Benennung ihrer Beisitzer/-innen und mit dem Vorschlag für eine/-n unparteiische/-n Vorsitzende/-n an die andere/-n Tarifvertragspartei/-en die schriftliche Aufforderung, innerhalb einer zweiwöchigen Frist ihre Beisitzer/-innen zu benennen und zu dem Vorschlag für die oder den Vorsitzende/-n Stellung zu nehmen.
( 2 ) Die Verhandlungen gelten als gescheitert, wenn eine Tarifvertragspartei dies der anderen Tarifvertragspartei bzw. den anderen Tarifvertragsparteien gegenüber erklärt oder eine Tarifvertragspartei es ablehnt, weiter oder überhaupt zu verhandeln.
( 3 ) Die Tarifvertragsparteien sind dann verpflichtet, sich auf das Schlichtungsverfahren einzulassen. § 1 Abs. 4 bleibt unberührt.
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§ 4
Verfahren

( 1 ) Die Schlichtungsstelle hat innerhalb einer Frist von vier Wochen nach der Einigung der beteiligten Tarifvertragsparteien über die Person des oder der Vorsitzenden oder nach Eingang der Mitteilung des oder der Vorsitzenden des kirchlichen Verwaltungsgerichts und des Präsidenten/der Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 zusammenzutreten. Die Tarifvertragsparteien können die Frist in Ausnahmefällen im gegenseitigen Einvernehmen verlängern.
( 2 ) Der oder die Vorsitzende setzt nach Anhörung der Tarifvertragsparteien Ort und Zeitpunkt der Verhandlung fest und lädt die Tarifvertragsparteien zu der Verhandlung ein. Die Tarifvertragsparteien sind verpflichtet, die von ihnen zu stellenden Beisitzer/-innen, bei deren Verhinderung die Stellvertreter/-innen, zu den anberaumten Sitzungen zu laden und für ihr pünktliches Erscheinen zu sorgen. Sie haben binnen Wochenfrist nach Eingang der Mitteilung über den Verhandlungstermin ihre Anträge, Schriftsätze und Verhandlungsunterlagen in dreifacher Ausfertigung bei dem oder der Vorsitzenden einzureichen.
( 3 ) Der oder die Vorsitzende leitet die Verhandlung und Beratung. Die Verhandlungen der Schlichtungsstelle sind nicht öffentlich.
( 4 ) Die Schlichtungsstelle hat durch Anhörung der Tarifvertragsparteien die Streitpunkte und die für ihre Beurteilung wesentlichen Verhältnisse klarzustellen. Soweit sie es für erforderlich hält, kann sie Auskünfte einholen, den Tarifvertragsparteien die Beibringung von Unterlagen aufgeben sowie Auskunftspersonen und Sachverständige hören.
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§ 5
Einigung

( 1 ) Die Schlichtungsstelle hat in jedem Stadium des Verfahrens zu versuchen, eine Einigung der Tarifvertragsparteien herbeizuführen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie in ihrem Wortlaut niederzuschreiben und von den Tarifvertragsparteien zu unterzeichnen.
( 2 ) Die erzielte Einigung hat die materielle Wirkung eines Tarifvertrages.
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§ 6
Entscheidung der Schlichtungsstelle

( 1 ) Kommt eine Einigung nach § 5 Abs. 1 nicht innerhalb von vier Wochen ab dem ersten Zusammentreten der Schlichtungsstelle oder nach Ablauf einer im allseitigen Einvernehmen vereinbarten Verlängerung dieser Frist zustande, so entscheidet die Schlichtungsstelle mit Mehrheit. Kein Mitglied der Schlichtungsstelle darf sich der Stimme enthalten.
( 2 ) Eine Entscheidung ist auf Antrag einer Tarifvertragspartei auch dann zu fällen, wenn eine andere Tarifvertragspartei trotz rechtzeitiger Ladung nicht erschienen ist oder wenn sie nicht verhandelt.
( 3 ) Die Verhandlung ist von Amts wegen zu vertagen, gegebenenfalls unter Erteilung von Auflagen an die Tarifvertragsparteien, wenn der Streitfall noch nicht entscheidungsreif und eine weitere Aufklärung gemäß § 4 Abs. 4 erforderlich ist.
( 4 ) Der oder die Vorsitzende verkündet im Anschluss an die Verhandlung nach Beratung mit den Beisitzern oder Beisitzerinnen die schriftlich abgefasste und von den Mitgliedern der Schlichtungsstelle unterzeichnete Entscheidung. Sie ist, versehen mit einer schriftlichen Begründung, den beteiligten Tarifvertragsparteien durch eingeschriebenen Brief oder durch unmittelbare Übergabe an die beteiligten Parteien zuzustellen.
( 5 ) Die Tarifvertragsparteien sind verpflichtet, innerhalb einer Frist von einem Monat dem oder der Vorsitzenden der Schlichtungsstelle durch an die Geschäftsstelle zu richtenden eingeschriebenen Brief oder durch unmittelbare Übergabe des entsprechenden Schreibens an die Geschäftsstelle die Annahme oder Ablehnung der Entscheidung der Schlichtungsstelle bekannt zu geben. Den anderen beteiligten Parteien ist jeweils eine Kopie dieser Mitteilung unmittelbar zu übersenden. Die Frist beginnt mit der Zustellung des schriftlichen Entscheides der Schlichtungsstelle (Absatz 4).Äußert sich eine Tarifvertragspartei nicht innerhalb der Frist, so gilt die Entscheidung der Schlichtungsstelle als angenommen.
( 6 ) Die Entscheidung der Schlichtungsstelle hat im Falle der Annahme durch die Tarifvertragsparteien die materielle Wirkung eines Tarifvertrages.
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§ 7
Aussetzung des Schlichtungsverfahrens

( 1 ) Lehnt eine Tarifvertragspartei die Entscheidung der Schlichtungsstelle ganz oder teilweise ab, so gilt das Verfahren für die Dauer von drei Wochen als ausgesetzt. Die Frist beginnt mit dem Eingang der Erklärung gemäß § 6 Abs. 5 bei der Geschäftsstelle der Schlichtungsstelle.
( 2 ) Während der Frist sollen die Tarifvertragsparteien versuchen, zu einer Verständigung zu kommen. Erfolgt keine Verständigung, so setzt der oder die Vorsitzende unverzüglich nach Ablauf der Aussetzungsfrist einen weiteren Verhandlungstermin an. Die Schlichtungsstelle ist gemäß § 2 Abs. 1 Unterabs. 1 um insgesamt drei von den beteiligten Gewerkschaften und drei von der EKBO zu benennende zusätzliche Beisitzer oder Beisitzerinnen zu ergänzen. Die Zusammensetzung der Schlichtungsstelle soll im Übrigen unverändert bleiben, es sei denn, die Tarifvertragsparteien wünschen in allseitigem Einvernehmen ihre Neubesetzung. Die §§ 2 bis 5 sind entsprechend anzuwenden.
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§ 8
Verbindliche Schlichtung

( 1 ) Die Schlichtungsstelle ist an die vorangegangene Entscheidung nicht gebunden. Die neue Entscheidung ist endgültig.
( 2 ) Die Schlichtungsstelle fasst ihre Entscheidung mit Mehrheit. Im Übrigen finden § 6 Abs. 1 Satz 2 und Absätze 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
( 3 ) Die Entscheidung hat die materielle Wirkung eines Tarifvertrages.
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§ 9
Wiederaufnahme des Verfahrens

( 1 ) Hat bei einer Entscheidung der Schlichtungsstelle ein Formfehler oder ein unrichtiger Sachverhalt vorgelegen, so kann jede Tarifvertragspartei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung beim Arbeitsgericht Berlin die Feststellung beantragen, dass das Verfahren wieder aufzunehmen ist.
( 2 ) Gibt das Arbeitsgericht dem Antrag statt, so hat die Schlichtungsstelle erneut über den Streitfall zu entscheiden. Die Schlichtungsstelle soll in derselben Besetzung zusammentreten, in der die angefochtene Entscheidung gefällt wurde, es sei denn, die Tarifvertragsparteien wünschen im allseitigen Einvernehmen die Neubesetzung der Schlichtungsstelle.
( 3 ) Die im Wiederaufnahmeverfahren getroffene Entscheidung hebt die angefochtene Entscheidung auf.
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§ 10
Kosten

( 1 ) Die Entschädigung der Beisitzer oder Beisitzerinnen trägt die Tarifvertragspartei, die sie benannt hat; ebenso trägt die Tarifvertragspartei die Kosten der von ihr benannten Auskunftsperson und Sachverständigen. Die übrigen Kosten des Verfahrens einschließlich der Auslagen des oder der Vorsitzenden tragen die Gewerkschaften einerseits und die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz andererseits je zur Hälfte. Soweit sich die Gewerkschaften nicht auf eine andere Kostenaufteilung einigen, trägt jede an dem Verfahren beteiligte Gewerkschaft den sich bei gleicher Verteilung auf alle ergebenden Anteil der in Satz 2 genannten Kosten.
( 2 ) Wurde die Schlichtungsstelle angerufen, weil eine der Tarifvertragsparteien die Aufnahme von Verhandlungen abgelehnt hat, so trägt diese Tarifvertragspartei alle Kosten des Verfahrens allein.
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§ 10a
Übergangsregelung für bei In-Kraft-Treten dieser Vereinbarung laufende Schlichtungsverfahren

Bei In-Kraft-Treten dieser Vereinbarung anhängige Schlichtungsverfahren werden nach Maßgabe der Schlichtungsvereinbarung vom 19. Dezember 1995 zwischen den bisherigen Beteiligten weitergeführt und zum Abschluss gebracht.
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§ 11
In-Kraft-Treten

( 1 ) Diese Vereinbarung tritt am 1. August 2008 in Kraft.
( 2 ) Sie kann mit einer Frist von einem Monat zum Quartalsende gekündigt werden.
( 3 ) Nach erfolgter Kündigung gilt diese Vereinbarung weiter bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung. Eine neue Vereinbarung kann nicht durch Schlichtungsspruch zustande kommen.
( 4 ) Die zwischen der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg einerseits und dem Verband kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Berlin-Brandenburg e.V. (VKM) - Gewerkschaft Kirche und Diakonie -, der Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG), Landesverband Berlin und Brandenburg, der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltungen Berlin und Brandenburg sowie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Landesverbände Berlin und Brandenburg, andererseits abgeschlossene Schlichtungsvereinbarung vom 19. Dezember 1995 wird durch diese Vereinbarung ersetzt.
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